EuroVelo 3: Der ultimative Bikepacking-Guide für Europas spektakulärste Pilgerstrecke

Streckenabschnitt vom eurovelo 3

Die EuroVelo 3 beginnt in Trondheim, Norwegen, und führt dich über 5.000 Kilometer bis nach Santiago de Compostela. Vor dir liegt nicht nur eine der berühmtesten Pilgerrouten der Welt, sondern auch eine der faszinierendsten Bikepacking-Strecken Europas: die EuroVelo 3, auch bekannt als Pilgerroute. Diese außergewöhnliche Route führt dich von den norwegischen Fjorden bis nach Santiago und bietet eine einzigartige Mischung aus spiritueller Erfahrung und Bikepacking-Abenteuer, die jeden Kilometer zu einem unvergesslichen Erlebnis macht.

Die EuroVelo 3 durchquert insgesamt sieben Länder – Norwegen, Schweden, Dänemark, Deutschland, Belgien, Frankreich und Spanien – und ist mit 5.122 Kilometern eine der längeren Routen im EuroVelo-Netzwerk. Die vollständige Strecke erfordert etwa 3-4 Monate reine Fahrzeit, je nach gewähltem Tempo und eingeplanten Ruhetagen. Für die meisten Bikepacker bedeutet das eine Reisezeit von 4-6 Monaten, um die kulturellen und spirituellen Aspekte der Route vollständig zu erleben.

Visa und Grenzübertritte: Bürokratie einfach gemacht

Ein großer Vorteil der EuroVelo 3 ist die unkomplizierte Grenzübertretung. Als EU-Bürger benötigst du lediglich einen gültigen Personalausweis oder Reisepass für alle sieben Länder. Norwegen ist zwar nicht EU-Mitglied, aber Teil des Schengen-Raums, sodass auch hier keine besonderen Visa-Anforderungen bestehen. Die Grenzübergänge sind nahtlos und für Radfahrer gut ausgeschildert. Besonders zwischen Deutschland und Dänemark sowie zwischen Frankreich und Spanien gibt es spezielle Fahrradkorridore, die Wartezeiten minimieren.

Warum die EuroVelo 3 das perfekte Bikepacking-Abenteuer für dich ist

Die EuroVelo 3 unterscheidet sich fundamental von anderen Fernradwegen. Während klassische Routen oft durch landschaftliche Schönheit überzeugen, kombiniert diese Strecke jahrhundertealte Geschichte mit moderner Bikepacking-Infrastruktur. Du fährst nicht nur durch sieben Länder, sondern folgst den Spuren unzähliger Pilger, die seit dem Mittelalter denselben Weg gegangen sind.

Was viele Bikepacker nicht wissen: Die Route ist deutlich besser ausgeschildert und infrastrukturell ausgebaut als die meisten anderen EuroVelo-Strecken. In Frankreich und Spanien findest du alle 10-15 Kilometer Unterkünfte, Verpflegungsmöglichkeiten oder zumindest Wasserstellen. Das macht die Planung deiner Tagesetappen entspannter und erlaubt es dir, spontaner zu reisen – ein Luxus, den andere Langstrecken selten bieten.

Besonders faszinierend ist die kulturelle Vielfalt: Du startest in der kargen Schönheit Norwegens, durchquerst die dichten Wälder Deutschlands, erlebst die französische Lebensart und endest in der mystischen Atmosphäre Galiciens. Jedes Land bringt nicht nur neue Landschaften, sondern auch völlig unterschiedliche Bikepacking-Herausforderungen mit sich.

Körperliche Vorbereitung: Der Weg zum Erfolg beginnt zu Hause

Eine 5.000-Kilometer-Tour erfordert mindestens 6-8 Monate gezieltes Training. Beginne mit regelmäßigen 30-50 Kilometer Ausfahrten und steigere dich schrittweise auf Wochenendtouren von 150-200 Kilometern mit vollständiger Ausrüstung. Besonders wichtig ist das Training mit beladenen Rad – das Fahrverhalten ändert sich dramatisch mit 15-20 Kilogramm zusätzlichem Gewicht. Integriere Krafttraining für Rumpf und Beine, da diese bei langen Distanzen besonders beansprucht werden. Ein bewährtes Trainingsschema: 12 Wochen Grundlagenausdauer, 8 Wochen Bergtraining und 8 Wochen spezifisches Bikepacking-Training mit kompletter Ausrüstung.

Die optimale Ausrüstung für 5.000 Kilometer spirituelles Bikepacking

Bei einer Strecke dieser Länge wird deine Ausrüstung zum entscheidenden Faktor zwischen Erfolg und Frustration. Hier zahlt sich Qualität wirklich aus, denn billiges Equipment versagt oft nach 1.000-2.000 Kilometern – genau dann, wenn Ersatz schwer zu finden ist.

Für die EuroVelo 3 empfehlen wir aus unserer Erfahrung bei Bike-Packing.de eine Kombination aus Rahmentasche, Satteltasche und einer robusten Lenkertasche. Die Apidura Expedition Series hat sich auf dieser Route besonders bewährt, weil sie sowohl die feuchten norwegischen Bedingungen als auch den spanischen Staub problemlos übersteht. Die Rahmentasche (14 Liter, 1.200g) fasst deine wichtigsten Werkzeuge und Snacks, während die Satteltasche (17 Liter, 800g) Schlafsack und Kleidung aufnimmt. Preislich bewegt sich ein komplettes Apidura-Setup zwischen 400-600 Euro – eine Investition, die sich über die Distanz mehr als rechtfertigt. Viele Pilger unterschätzen die Bedeutung wasserdichter Verschlüsse – ein Fehler, der spätestens in den Pyrenäen teuer wird.

Ein Geheimtipp aus unserer Erfahrung: Investiere in eine hochwertige Topcase-Tasche für den Gepäckträger. Auf der EuroVelo 3 wirst du häufiger in Herbergen übernachten als bei anderen Bikepacking-Routen, und eine leicht abnehmbare Tasche mit deinen Wertsachen gibt dir deutlich mehr Flexibilität. Die Ortlieb Back-Roller Classic (40 Liter Paar, ca. 150 Euro) in Kombination mit einem soliden Tubus-Gepäckträger (80-120 Euro) ist hier unser Favorit für längere Pilger-Bikepacking-Touren.

Für das absolute Minimum solltest du ein Gesamtgewicht von unter 12 Kilogramm anstreben. Das bedeutet: Ultraleichtzelt (unter 1.5kg), kompakter Schlafsack (unter 1kg), minimales Kochset (unter 500g) und maximal 3-4 Wechselgarnituren. Jedes Gramm mehr spürst du nach 1.000 Kilometern deutlich in den Beinen.

Fahrradwerkstätten und Reparaturservices entlang der Route

Die Verfügbarkeit professioneller Fahrradwerkstätten variiert stark je nach Länderabschnitt. In Norwegen und Schweden sind spezialisierte Bikeshops seltener, aber die größeren Städte wie Trondheim, Oslo und Stockholm bieten vollständigen Service. Deutschland zwischen Hamburg und Köln hat exzellente Infrastruktur mit Fahrradläden alle 50-80 Kilometer. Frankreich überrascht mit vielen kleinen Werkstätten in Pilgerstädten – oft bieten lokale Mechaniker auch Soforthilfe für Pilgerfahrräder an. Spanien ab den Pyrenäen ist hervorragend ausgestattet, mit spezialisierten „Peregrino-Services“ in fast jeder größeren Pilgerstadt.

Kritische Reparatur-Hotspots: Hamburg (letzte große Werkstatt vor Dänemark), Köln (wichtig für Bremsen-Service vor den Bergen), Lourdes (letzte Chance vor den Pyrenäen-Anstiegen) und León (wichtigster Service-Punkt vor der Endstrecke nach Santiago). Plane besonders in diesen Städten einen Wartungstag ein.

Versteckte Perlen und unerwartete Herausforderungen der Strecke

Die meisten Guides zur EuroVelo 3 konzentrieren sich auf die bekannten Highlights wie die Kathedrale von Santiago oder die französischen Weinregionen. Dabei liegen die wahren Schätze oft abseits der Hauptroute. Zwischen Lourdes und den Pyrenäen gibt es beispielsweise eine 40 Kilometer lange Alternative durch das Gave-Tal, die landschaftlich spektakulärer ist als die offizielle Strecke – aber deutlich anspruchsvoller. Diese Route erfordert eine sehr gute Grundkondition, da 800 Höhenmeter auf kurzer Distanz zu bewältigen sind. Plan für diese Etappe einen kompletten Tag ein und trage ausreichend Wasser mit, da Versorgungsstationen rar sind.

Ein häufiger Fehler: Viele Bikepacker planen die Route wie eine normale Radtour und übersehen die spirituelle Komponente. Die Unterkünfte entlang der Strecke sind oft auf Pilger ausgelegt, nicht auf vollbepackte Bikepacking-Räder. In vielen französischen und spanischen Herbergen gibt es keine sicheren Fahrradstellplätze – hier hilft es, mit den Herbergseltern zu sprechen und um eine Lösung zu bitten. Ein praktisches Beispiel: In Astorga half mir der Herbergsvater dabei, mein Rad über Nacht im Speisesaal unterzubringen, nachdem ich ihm meine Pilgergeschichte erzählt und um Verständnis für meine Sorge um die teure Ausrüstung gebeten hatte. Die Pilgermentalität öffnet mehr Türen, als du denkst.

Unterschätze auch nicht die psychologischen Aspekte der Route. Nach 2.000-3.000 Kilometern ist nicht deine körperliche, sondern deine mentale Stärke gefragt. Die EuroVelo 3 konfrontiert dich immer wieder mit dir selbst – eine Erfahrung, die weit über normales Bikepacking hinausgeht.

Timing und Saisonalität: Wann die Route ihr wahres Gesicht zeigt

Diese mentalen Herausforderungen variieren je nach Reisezeit und Bedingungen. Die klassische Pilgerzeit von Mai bis September ist nicht automatisch die beste Bikepacking-Zeit für die EuroVelo 3. Tatsächlich bieten die Frühlings- und Herbstmonate einige einzigartige Vorteile, die viele übersehen.

April und Oktober bringen deutlich weniger Pilgerverkehr mit sich, was dir authentischere Begegnungen und bessere Unterkünfte ermöglicht. Die Temperaturen sind ideal für längere Tagesetappen, und die Landschaft zeigt sich in völlig anderen Farben. Besonders in Spanien ist der Oktober ein Geheimtipp: Die sommerliche Hitze ist vorbei, aber das Wetter bleibt stabil genug für entspanntes Bikepacking.

Ein wichtiger Aspekt, den viele nicht bedenken: Die EuroVelo 3 durchquert verschiedene Klimazonen. In Norwegen benötigst du von Oktober bis April Winterausrüstung: winterfeste Handschuhe, Thermounterwäsche, wasserdichte Überschuhe und einen Schlafsack mit Komfortbereich bis -5°C. Bereits ab Deutschland kannst du auf Sommerausrüstung umstellen, während du in Spanien bereits im T-Shirt fahren kannst. Packe deine Ausrüstung entsprechend flexibel und plane Zwischenstopps für Ausrüstungswechsel ein. Strategische Paketversandpunkte sind: Oslo (Winterausrüstung abschicken), Hamburg (Sommerkleidung empfangen), Köln (Regenausrüstung für die Pyrenäen), und León (Sommerkleidung für den spanischen Endspurt). Viele Bikepacker schicken sich Packages mit saisonaler Kleidung an diese strategischen Punkte der Route.

Navigation und Routenplanung jenseits der Standard-Apps

GPS-Navigation auf der EuroVelo 3 ist komplexer als bei den meisten anderen Fernradwegen. Die offizielle Route führt nicht immer über die schönsten oder praktischsten Wege, und lokale Alternativen sind oft besser, aber schlecht dokumentiert. Bei einer 5.000-Kilometer-Tour ist Batteriemanagement kritisch: Plane mit einer täglichen GPS-Laufzeit von 8-10 Stunden und trage mindestens zwei Powerbanks mit 20.000 mAh Kapazität. Ein Solarpanel (15-20 Watt) kann bei sonnigen Etappenabschnitten zusätzliche Sicherheit bieten.

Unser Tipp: Kombiniere verschiedene Quellen. Die offizielle EuroVelo-App ist ein guter Ausgangspunkt, aber die lokalen Pilger-Apps in Frankreich und Spanien bieten oft aktuellere Informationen über Baustellen, Alternativrouten und Unterkünfte. Besonders empfehlenswert sind die Apps „Camino de Santiago Sanabrés“ (verfügbar im Google Play Store und Apple App Store), „Miam Miam Dodo“ für französische Pilgerrouten und „Gronze.com“ für detaillierte Etappeninformationen. Diese Apps enthalten Insider-Informationen, die in keinem Bikepacking-Guide stehen.

Plane bewusst Flexibilität ein. Die EuroVelo 3 lädt dazu ein, spontane Umwege zu nehmen oder zusätzliche Tage in besonderen Orten zu verbringen. Diese Spontaneität macht den Unterschied zwischen einer guten Bikepacking-Tour und einer lebensverändernden Erfahrung aus.

Budget und Kosten: Realistische Kalkulation für 5.000 Kilometer

Eine vollständige EuroVelo 3-Tour erfordert ein realistisches Budget von 3.500-5.500 Euro pro Person, abhängig vom gewählten Komfort-Level. Die größten Kostenfaktoren sind Übernachtungen (40-50 Euro pro Tag in Hotels, 15-25 Euro in Pilgerherbergen), Verpflegung (25-40 Euro täglich je nach Land) und Ausrüstung (einmalig 1.500-2.500 Euro für komplette Hochwertigkeits-Ausstattung). Norwegen und die Schweiz sind die teuersten Abschnitte (60-80 Euro täglich), während Spanien besonders budget-freundlich ist (30-45 Euro täglich). Plane zusätzlich 300-500 Euro für unvorhergesehene Reparaturen und Ausrüstungsersatz ein.

Nach Santiago ist vor dem nächsten Abenteuer

Die wahre Magie der EuroVelo 3 entfaltet sich nicht nur während der Fahrt, sondern langfristig in deinem Bikepacking-Leben. Diese Route verändert deine Perspektive auf Fernradtouren fundamental. Du wirst merken, dass normale Bikepacking-Strecken plötzlich einfacher erscheinen, weil du gelernt hast, mit minimalem Equipment und maximaler Flexibilität zu reisen.

Viele unserer Kunden berichten, dass sie nach der EuroVelo 3 ihre komplette Ausrüstung überdenken. Was sich über 5.000 Kilometer bewährt hat, ist für alle anderen Touren mehr als ausreichend. Gleichzeitig entwickelst du ein Gespür für das wirklich Notwendige – eine Fähigkeit, die jeden zukünftigen Bikepacking-Trip bereichert.

Starte deine Planung mit unserer Übersicht aller EuroVelo-Routen oder entdecke die speziell für Fernreisen optimierte Ausrüstung in unserem Sortiment. Die EuroVelo 3 wartet auf dich – beginne heute mit der Vorbereitung für dein größtes Bikepacking-Abenteuer.

Von Matthias Hensel

Matthias Hensel Gründer Bikepacking

Matthias ist der Gründer vom Bike-Packing Shop. Aus Leidenschaft für Radreisen und minimalistisches Reisen hat er den Shop gegründet, um Radfahrern die beste Auswahl an Bikepacking- und Fahrradzubehör zu bieten. Mit viel Erfahrung auf Tour achtet er darauf, nur durchdachte, zuverlässige und praxiserprobte Produkte ins Sortiment aufzunehmen.