MTB-Bikepacking – warum eigentlich nicht?

MTB-Bikepacking mit diverser Ausrüstung

Wer sagt eigentlich, dass Bikepacking nur was für Gravelbikes ist? Klar, die schlanken Alleskönner rollen geschmeidig über Schotterwege und durch Flusstäler, aber was, wenn du stattdessen lieber Wurzelpassagen magst, Serpentinen-Trails und ein bisschen Adrenalin im Downhill? Dann nimm doch einfach dein Mountainbike. Denn: MTB-Bikepacking ist keine Notlösung, sondern ein ganz eigener Stil – kompromissloser, trailiger, manchmal langsamer, aber dafür mit mehr „Draußen-Gefühl“ pro Kilometer. Statt auf der Landstraße an Autos vorbeizuziehen, findest du dich auf einsamen Waldwegen wieder, auf abgelegenen Höhenzügen oder zwischen Felsbrocken irgendwo im Mittelgebirge. Du schleppst dein Rad vielleicht mal über einen Bach oder schiebst es steil bergauf, aber dafür bekommst du unvergessliche Ausblicke, kleine Abenteuer und das gute Gefühl, dich wirklich durch die Landschaft zu bewegen, nicht einfach hindurchzurollen. Egal ob mit Fully, Hardtail, Fatbike oder dem alten 26-Zoll-Klassiker aus dem Keller: Dein Mountainbike kann mehr, als du denkst. Und es hat definitiv Lust auf ein bisschen Abenteuer mit Übernachtung.

Fully, Hardtail oder Fatbike? – Die Sache mit dem richtigen Bike

Wer sich fürs MTB-Bikepacking entscheidet, steht früher oder später vor der Frage: Welches Mountainbike eignet sich am besten? Die Antwort ist wie so oft: Kommt drauf an. Denn ob du mit einem Fully, einem Hardtail oder sogar einem Fatbike unterwegs bist, hängt stark davon ab, wie und wo du touren willst und was dir wichtiger ist: Komfort, Gewicht oder Style.

Hardtail: der unkomplizierte Klassiker

Hardtails, also Mountainbikes mit nur einer Federgabel vorne, sind beim MTB-Bikepacking besonders beliebt. Warum? Weil sie leichter, wartungsärmer und oft günstiger sind. Außerdem bieten sie mehr Platz im Rahmendreieck – ideal für eine große Rahmentasche. Weniger bewegliche Teile bedeuten: weniger Probleme auf langen Touren. Und wenn du nicht gerade täglich verblockte Downhills fährst, reicht der Federweg vorn völlig aus. Für viele also das perfekte Setup zwischen Fahrspaß und Praktikabilität.

Fully: komfortabel, aber anspruchsvoller beim Packen

Ein Fully, also ein MTB mit Federung vorne und hinten, verpackt Unebenheiten wie ein Sofa auf Rädern. Gerade auf langen, ruppigen Trails oder alpinen Routen ist das Gold wert. Aber die Dämpfer im Hinterbau nehmen Platz und Möglichkeiten zum Montieren von Taschen. Außerdem kann das zusätzliche Gewicht bei längeren Etappen oder beim Schieben bergauf spürbar werden. Wer sein Fully trotzdem fürs MTB-Bikepacking auf Tour mitnehmen will, muss etwas kreativer packen – z. B. mit größerer Lenkertasche, Hüfttasche oder kompaktem Rucksack.

Fatbike: der Exot mit Allrad-Gefühl

Sie sind so etwas wie die Schneeschuhe unter den MTBs. Sie haben riesige Reifen, tiefen Grip und rollen einfach überall durch. Auf Sand, Schnee, Matsch und grobem Geröll fühlen sie sich pudelwohl. Und fürs Fatbike-Bikepacking in der Wüste oder im Winter sind sie echte Geheimwaffen. Aber Achtung: Sie sind schwer und träge auf langen Etappen mit Asphalt- oder Schotteranteil. Wenn du nicht genau weißt, warum du ein Fatbike brauchst, brauchst du wahrscheinlich keins.

Und was ist mit Retro oder Vintage-MTB-Bikepacking?

Kurze Antwort: Klar geht das. Ein gut gepflegtes 90er-Hardtail oder ein altes 26-Zoll-Stahl aus dem Keller kann ein treuer Partner fürs Bikepacking mit MTB sein. Die Geometrie ist zwar oldschool, aber oft robuster als viele neue Leichtgewichte. Mit etwas Pflege, modernen Reifen und gutem Setup lässt sich selbst ein „Rentner-Rad“ zum Abenteuermobil machen. Und ganz ehrlich: Mit einem retro Bikepacking-Setup sammelst du nicht nur Kilometer, sondern auch ordentlich Stilpunkte.

Taschen fürs MTB-Bikepacking-Setup – was passt, was wackelt, was funktioniert?

Ein Mountainbike ist nicht unbedingt dafür gemacht, viel Zeug zu tragen. Keine Ösen, kein Gepäckträger, manchmal nicht mal Platz für zwei Flaschenhalter. Aber genau das macht den Reiz aus: leicht, kompakt, clever packen. Mit den richtigen Taschen wird dein MTB in wenigen Minuten zum Trail-tauglichen Bikepacking-Rig, ganz ohne Umbau oder Kompromisse.

Rahmentasche – die zentrale Basis

Die Rahmentasche ist das Herzstück deines Setups. Bei Hardtails hast du meist genug Platz für eine große Full-Frame-Tasche, die dir ordentlich Stauraum für schwerere Dinge wie Werkzeug, Essen oder Kleinkram bietet. Bei Fullys mit Dämpfer wird es enger. Hier greifen viele zur halben Rahmentasche, die oben im Rahmendreieck sitzt und darunter noch Platz für eine Flasche lässt.

Für das MTB-Bikepacking solltest du auf eine Tasche achten, die sich richtig festzurren lässt. Nichts nervt mehr, als eine Tasche, die bei jedem Trailkontakt am Rahmen rumschlackert oder gegen die Flasche drückt. Und: Je tiefer und näher am Schwerpunkt du packst, desto angenehmer bleibt dein Fahrverhalten.

Lenkertasche – für alles, was leicht und groß ist

Die Lenkertasche ist ideal für voluminöse, aber leichte Dinge wie Schlafsack, Isomatte oder Kleidung. Gerade beim MTB-Bikepacking ist wichtig, dass sie kompakt und gut fixiert ist – dein Lenker soll sich schließlich noch frei bewegen können. Achte auf genug Abstand zu den Reifen und Bremsleitungen. Manche Taschen kommen mit einer separaten Halterung, andere lassen sich direkt festzurren.

Extra-Tipp: Wenn du Flatbar fährst (also klassischer MTB-Lenker), hast du meist weniger Spielraum als mit Dropbar – also lieber kompakt denken.

Satteltasche – die Arschrakete im Gelände

Satteltaschen (liebevoll auch Arschraketen genannt) sind beim MTB-Bikepacking eine kleine Wissenschaft. Je nach Federweg und Reifengröße kann es passieren, dass die Tasche aufsetzt oder gegen den Reifen schleift, besonders bei Fullys. Achte deshalb auf eine kürzere, straff sitzende Variante oder nutze ein Modell mit Verstärkungsplatte oder Anti-Sway-System. Rein kommt, was leicht, aber platzintensiv ist: z. B. Wechselklamotten, Biwaksack, Kocher oder Snacks. Und immer gut stopfen, damit nichts schlackert!

Top-Tube-Tasche – Zugriff während der Fahrt

Diese kleine Tasche sitzt direkt auf dem Oberrohr, meist hinter dem Vorbau. Perfekt für Riegel, Handy, Sonnenbrille, Taschentücher oder andere „Sofort-Greifen“-Dinge. Gerade bei MTBs mit wenig Platz im Rahmendreieck ist die Top-Tube-Tasche ein praktischer Zusatz und sie ist super schnell montiert.

Gabeltaschen – Zusatzvolumen mit Bastelpotenzial

Viele MTBs haben keine Befestigungsmöglichkeiten an der Gabel. Trotzdem kannst du mit passenden Adaptern oder Klett-Gabeltaschen zusätzlichen Stauraum schaffen. Ideal für Kocher, Essen oder Kleidung. Wichtig: vorher checken, ob sie bei voller Gabelbewegung nicht stören, denn besonders bei Federgabeln kann das tricky sein.

Rucksack oder Hip-Pack – das MTB-Backup

Ganz ehrlich: Beim MTB-Bikepacking ist ein Rucksack fast Standard. Wenn du dein Setup minimal hältst, aber Wasser, Werkzeug oder Kamera immer griffbereit haben willst, ist ein kleiner Rucksack oder ein gut sitzendes Hip-Pack (Hüfttasche) oft die beste Lösung. Es entlastet das Bike, stört kaum beim Fahren und lässt sich schnell abnehmen – perfekt für kurze Stopps oder den Abend am Lagerplatz.

Packen fürs MTB-Bikepacking – worauf du wirklich achten solltest

Dein MTB für Bikepacking-Touren zu packen ist ein bisschen wie Tetris – nur dass du mit jedem Trailabschnitt testen wirst, ob dein Turm aus Taschen auch wirklich hält. Anders als beim klassischen Bikepacking mit Gravel- oder Tourenrad geht es hier weniger um Volumen und mehr um Stabilität, Balance und Bewegungsfreiheit. Denn was auf Asphalt locker durchgeht, kann im Gelände schnell nerven, klappern oder im schlimmsten Fall zum Sicherheitsrisiko werden.

1. Schwerpunkt flach halten

Das A und O beim MTB-Bikepacking ist ein tiefer Schwerpunkt. Je näher das Gewicht am Rahmen und am Boden sitzt, desto besser bleibt dein Bike kontrollierbar, vor allem auf Trails oder bei technischen Passagen. Das bedeutet: Schwere Sachen wie Werkzeuge, Nahrung oder Wasser möglichst in die Rahmentasche oder an den tiefsten Punkt am Rad packen. Leichtes, aber sperriges Equipment (z. B. Schlafsack oder Klamotten) gehört in die Lenker- oder Satteltasche.

2. Nichts darf klappern

Ein klappernder Kocher in der Lenkertasche klingt vielleicht nach Wildnis-Romantik, ist in Wirklichkeit aber nervtötend. Alles, was nicht bombenfest sitzt, wird sich auf dem Trail melden. Also: Kompression ist King. Stopfe Hohlräume aus, nutze Packbeutel, Klett, Gummibänder oder notfalls ein Paar Socken als Schalldämpfer. Überprüfe dein MTB-Bikepacking-Setup vor dem Start mit einem kleinen Shake-Down-Ride.

3. Bewegungsfreiheit behalten

Dein MTB will sich bewegen. Und du auch. Achte darauf, dass Taschen nicht am Sattel scheuern, beim Pedalieren stören oder den Lenkeinschlag blockieren. Besonders die Satteltasche sollte so befestigt sein, dass sie bei Drops oder starkem Einfedern nicht gegen den Reifen schlägt. Auch Lenkertaschen dürfen nicht zu breit oder zu tief hängen, sonst wird es eng beim Trail-Slalom.

4. Weniger ist wirklich mehr

MTB-Bikepacking ist kein Campingurlaub. Du wirst dein Bike öfter mal schultern, über Bäume heben oder durch Flüsse tragen. Deswegen zählt jedes Gramm. Frag dich bei jedem Teil: Brauche ich das wirklich? (Spoiler: Die Gaskartusche für den Espresso-Schaumaufsatz ist wahrscheinlich verzichtbar.) Konzentriere dich auf das Nötigste – du wirst es unterwegs lieben.

5. Wetter & Reparaturen: Sei vorbereitet

Gerade im Gelände kann es schnell ungemütlich werden, also denk an die Basics: Regenjacke, Layer für kühle Abende, Ersatzschlauch (auch bei Tubeless), Kettenglied, Miniwerkzeug. Und immer dabei: ein Multitool, ein Flickset und irgendwas, das Kabelbinder ersetzen kann – du weißt nie, wofür du es brauchst.

Was du wirklich beim Bikepacking brauchst – und was du besser daheim lässt

MTB-Bikepacking ist weniger die Kunst des Vielpackens, sondern eher die hohe Schule des Weglassens. Du brauchst nicht viel, nur das Richtige. Das Ziel lautet immer: so wenig wie möglich, so viel wie nötig. Und das beginnt beim Schlafsystem. Wer draußen nächtigt, kommt mit einem Biwaksack, einem minimalistischen Tarp und einer leichten Isomatte oft weiter als mit dem kompletten Zeltlager. Dazu ein schlankes Kochset (oder bei kurzen Touren auch gar keins), ein bisschen Werkzeug, Flickzeug, Luftpumpe oder Tubeless-Repair-Kit, eine Lage Kleidung für kühle Nächte, ein bisschen Verpflegung und du bist startklar.

Was du hingegen getrost zu Hause lassen kannst: Jeans (sie werden nass, schwer und nie wieder trocken), Romane für den Lagerfeuerabend (so viel Ruhe hast du selten), die Hängematte (romantisch, aber meist unpraktisch) oder das komplette Camping-Gourmet-Set. Glaub uns, niemand vermisst das große Besteckset, wenn der Trail ruft. Und dann stellt sich noch die Frage: Rucksack oder nicht? Viele MTB-Bikepacker schwören auf einen kleinen Rucksack, weil er schnell gepackt ist und sich vertraut anfühlt. Aber auf längeren Touren kann das schnell unbequem werden – Druckstellen, Schweißrücken und eingeschränkte Beweglichkeit inklusive. Eine gut sitzende Hüfttasche, ein sogenanntes Hip Pack, ist da oft die bessere Wahl: genug Platz für Snacks, Powerbank, Multitool und den kleinen Kram, den du unterwegs griffbereit haben willst, ohne dich in deiner Fahrdynamik einzuschränken.

MTB-Bikepacking ist rauer, wilder und richtig gut – wenn du es richtig anstellst

MTB-Bikepacking ist nicht immer die bequemste Art zu reisen. Du kommst langsamer voran, aber dafür näher an die Natur, die Stille und die kleinen Umwege, die am Ende die besten Geschichten schreiben. Mit deinem Mountainbike bist du nicht auf Asphalt und Fernradwege angewiesen, denn du kannst da fahren, wo andere absteigen. Du schiebst mal, fluchst vielleicht kurz, aber dann lachst du beim Sonnenuntergang auf dem Bergrücken, weil du genau da oben geschlafen hast.

Egal ob Fully, Hardtail oder Retro-Klassiker – wenn du Bock auf MTB-Bikepacking hast, brauchst du kein neues Bike. Nur Mut zum Losfahren, ein bisschen Vorbereitung und die Lust, dich auch mal dreckig zu machen. Am nächsten Morgen wachst du auf, schiebst den Reißverschluss vom Biwaksack zur Seite, siehst den Nebel über dem Tal hängen und weißt: Genau deswegen machst du das.

Von Matthias Hensel

Matthias Hensel Gründer Bikepacking

Matthias ist der Gründer vom Bike-Packing Shop. Aus Leidenschaft für Radreisen und minimalistisches Reisen hat er den Shop gegründet, um Radfahrern die beste Auswahl an Bikepacking- und Fahrradzubehör zu bieten. Mit viel Erfahrung auf Tour achtet er darauf, nur durchdachte, zuverlässige und praxiserprobte Produkte ins Sortiment aufzunehmen.